Man muß schon ein bißchen verrückt sein, wird sich mancher denken, warum man sich bei der Weinbereitung den Weg so beschwerlich macht, wo doch neue innovative Technik heute alles schneller, effizienter und leichter werden läßt. Doch bei unserem kleinen Weingut steht eben nicht diese rationelle Technik im Vordergrund, auch wenn wir uns mit so mancher neuen Errungenschaft das Leben etwas leichter machen.
Wir bewirtschaften eine Steillage, die den Charakter eines Wingerts von vor über 100 Jahren trägt. Wir arbeiten fast ausnahmslos von Hand und wenn wir uns "historisch" nennen wollen, dann gehört eben auch mancher Schritt dazu um das zu vervollkommnen. Dazu gehört seit diesem Herbst 2016 unsere antike Kelter, die es uns möglich macht, den Wein für unseren Privatgebrauch ganz nach alter Väter sitte zu pressen und schließlich auch selbst auszubauen.
Die Technik des Pressens mit der Spindelpresse ist uralt und eigentlich gehört einfach nur eins dazu: viel Gefühl und Gespür. Das Preßprogramm kann man nicht per Knopfdruck wählen, man muß den richtigen Augenblick erfassen, wann der Druck zu groß wird. Das ist wie im richtigen Leben auch.
Doch nun wollen wir Sie nicht zu lange auf die Folter spannen: lesen und schauen Sie, wie wir ein altes Relikt der Winzerkunst wieder zum Leben erweckt haben...
Unsere Kelter ist schon ein kleines Schmuckstück und wäre sicherlich irgendwann auf dem Schrott gelandet, wenn sich unser Freund Albert und Markus nicht der Sache angenommen hätten!
Sie ist etwa 80 bis 90 Jahre alt und das Druckwerk stammt von der Firma Wickert wie auf einem Firmenemblem zu lesen ist.
Sie gehörte unserem Nachbar, dem Fritz Schwaab und stand seit etwa 1952 bei ihm im Keller nachdem das Haus neu gebaut wurde. Auf ihr kelterte der Fritz jahrzehntelang seinen Wein, den er anfangs noch als Faßwein verkaufte und später dann nur noch für den Eigenbedarf ausbaute.
Etwa Anfang der 80er jahre wurde sie das letzte mal benutzt und stand dann im Keller, wo sie nach und nach verfiel. Man lagerte in ihr Karttoffeln und die meisten Holzteile wurden als Brennholz entsorgt, bis auf den Hölzernen Preßkorb, der aus vier Teilen besteht.
Vor etwa 4 Jahren hat Markus dann die Kelter angeboten bekommen. Doch es dauerte noch bis 2016 bevor die kelter zu neuem Leben erwachen sollte....
Die noch vorhandenen Hölzer zu bergen war kein Problem: vier Teile des Preßkorbes und zwei Preßleisten waren gleich aus dem Keller geschafft. Auch das Druckwerk ließ sich mit viel Kraftanstrengung von der Spindel hieven.
Blieb das Biet (die Kelterwanne) auf seinen vier Füßen und der Spindel.....
Da die Kelter ursprünglich im Ganzen per Flaschenzug in den Keller gestellt worden war und man danach am Kellerloch eine Betontreppe eingebaut hatte, war die einzige Möglichkeit die Kelter aus dem Keller zu bekommen die Demontage. Schließlich mißt das Biet in seiner Seitenlänge 112cm.
Nachdem sie mittels Balken als Hebel aus ihrer angestammten Ecke vervorgerückt war (was Markus alleine bewerkstelligte!), hieß es die Verschraubungen ein paar Tage hintereinander mit Rostlöser zu behandlen, damit die Muttern gelöst werden konnten.
Unter dem Biet befinden sich zur Beschwerung und Befestigung der Spindel sechs Eisenträger sowie eine Eisenplatte, die nun nach und nach abgebaut wurden.
Dann wurde die Kelter mittels Hebelbalken gedreht und es ging ans Ausbauen der Spindel. Alleine das war eine Kraftanstrengung für sich!
Am Ende stand das abgebaute Biet da, Markus hatte einen Haufen alter Schrauben die nicht mehr zu gebrauchen waren und stand vor der fast unlösbaren Aufgabe, das Biet mit seinen vorneweg 250kg gewicht die Enge Kellertreppe hoch zu bekommen.
Gut Ding will Weile haben und so stand das Biet fast ein halbes Jahr im Keller, während die Einzelteile abgelaugt und gesäubert wurden.
Nachdem unser Wunsch, den Wein selbst auszubauen immer näher rückte, wurde es auch immer dringlicher, die Kelter aus dem Keller zu bekommen und endlich aufzubauen.
Hilfe bekam Markus dann von vier starken Männern aus Sankt Martin. In einem unglaublichen Kraftakt wurde die Kelterwanne fünfzehn Stufen um die Ecke hochgetragen, durch Beates haus um drei Ecken gehievt um schließlich im Hof das erste mal das Tageslicht zu sehen. - Befreit!!! :)
Ohne die starken Männer aus Maade, unter ihnen unser Freund Franz-Josef und sein Cousin Paul hätten wir es nicht geschafft!
Nun ging es ans Ablaugen der alten Farbe. Waren die Eisenträger noch relativ leicht von der Farbe zu befreien, war das Biet eine echte Herausforderung!
Unter Hellgrün befand sich eine Schicht mit Dunkelgrün, darunter eine Schicht babyblaue Schwimmbadfarbe. Nachdem diese entfernt war standen noch eine Schicht weiß und eine Schicht Elfenbeinfarbe bevor. Zwischendurch mußte die Kelter immer wieder gedreht werden um auch an alle Stellen ranzukommen.
Am Ende stand ein angerostetes Biet vor Markus und es ging daran alle Teile mit Hammeritfarbe zu streichen. Einzig der Innenraum des Bietes mußte einen Überzug mit einem lebensmittelechten Lack bekommen, ebenso die Spindel.
Nachdem alle Einzelteile lackiert und durchgetrocknet waren, ging es an den Zusammenbau. Die Originalschrauben mußten alle ersetzt werden, wobei uns Ernst Weis mit seinem super Sortiment unterstützte.
Dann ging es ans Zusammenbauen und mit der Hilfe von sieben starken Männern aus dem Familienkreis Obere Friedhofstraße, mit denen wir beim Helferfest saßen und die sich als es schon dunkel war auf den Weg zur Kelter machten, schafften wir es dann diese umzudrehen.
Der ältere Herr auf diesem Bild ist unser Freund Albert Orth. Albert ist 80 jahre alt und ein begnadeter Handwerker. Nach dem Krieg hat er Schreiner gelernt und auch in vielen Winzerhäusern gearbeitet. Ein Spezialgebiet von ihm war der Bau von Rosten für die Keltern.
Albert ist ein "Knoddler", einer, der immer was zu arbeiten hat und ohne Beschäftigung nicht auskommt. Das verdient unseren allerhöchsten Respekt! So hat er sich auch gleich bereit erklärt, sämtliche Holzteile der Kelter nachzubauen. Der Preßkorb mit seinen Eisenbeschlägen war noch vorhanden, ebenso zwei Randleisten. Beim Rest, immerhin insgesamt 26 Einzelbauteile mußte er sich auf sein Können und seine Erfahrung berufen.
Preßkorblatten und Roste wurden aus alter Pfälzer Eiche gefertigt, der Umbau aus alter Douglasie, die Kelterdielen ebenso und für die Bracken wurde ein etwa zehn Jahre abgelagerter Tannenstamm zugeschnitten, den Albert im Sägewerk ausfindig gemacht hat.
Das Einlassen der einzelnen Bauteile, die Albert in seiner Werkstatt angefertigt hatte, bedurfte einiges an Geduld und Geschick und irgendwann stand sie da unsere Kelter und war fertig!
Ohne unseren Albert wäre es nie soweit gekommen! Ihm sei hier von ganzem Herzen gedankt!!!!
Nun galt es noch unsere mini-Kelterhaus herzurichten, denn dahin sollte die Kelter ja schließlich umziehen.
Mit der Lese des Fabers hatte sie ihre erste Bewährungsprobe....
Die Faberlese kam und die Kelter durfte ihren ersten Dienst verrichten, nach nunmehr bald dreißig Jahren. Und da auf alte technik Verlaß ist, funktionierte sie auch einwandfrei!
Wir können zwar nicht mit einem programmierbaren "Champagnerprogramm" prahlen, aber wir können mit Gefühl keltern.
Nachdem die Trauben gemahlen und entrappt sind, also von den Kämmen befreit, darf die Maische erst einige zeit ruhen. Dann wird sie von markus traditionell mit der Hotte auf die Kelter geschüttet wo schon der meiste Saft abläuft.
Die Kelter faßt mit Ablauf etwa 700 Liter Maische.
Ist der Preßkorb gefüllt, wird die maische gleichmäßig verteilt und die Kelterdielen werden als Abdeckung aufgelegt. Dann kommt das Setzen der Bracken, also der Preßbalken.
Das Druckwerk wird nun heruntergedreht und die sieben Bajasse so ausgerichtet, daß der kleine Kerb nach außen zeigt. Dann beginnt das erste Anpressen.
Wichtig ist, nie zuviel Druck auszuüben und erst zu warten, bis die Kelter wieder abgelaufen ist. das gelingt gut, da das Druckwerk über einen Übersetzung verfügt bei der pro Bewegung der Kelterstange nur ein Bajaß vorwärts geht.
Wir trennen Preßmost von Scheitermost, das bedeutet, daß beim ersten Pressen nur sanft Druck ausgeübt wird. Das dauert etwa mit Unterbrechungen bis zu 45 Minuten.
Dann wird der Trester abgestochen, aufgelockert und kommt wieder auf die Kelter und wird wieder gepreßt.
Alberts Rost ist so konzipiert, daß nur einmal aufgescheitert werden muß wenn die Trauben entrappt sind. Wir haben in einer letzten Charge versuchsweise mit den Kämmen gepreßt. Nach dem ersten Preßvorgang war der Trester schon nahezu komplett trocken. Diese "Versuchspressung" kommt aber nicht in den guten Wein, keine Angst! :)